Mit bionischen Gestaltungsprinzipien zu einem effizienten und nachhaltigen Leichtbau

Im Bereich naturgebundener Sportarten ist der Nachhaltigkeitsgedanke seit Jahren tief in der DNA verankert. Aus diesem Ansatz heraus stellten sich das Institut für Konstruktion und Verbundbauweisen (KVB) zusammen mit der High Tech Sportgoods Production GmbH (HTSG) im Rahmen eines ZIM-Forschungsprojektes der Herausforderung, ein Board-Sportgerät aus recycelten Materialien herzustellen.

In dem Vorhaben lag der Fokus insbesondere auf einem rezyklierten Kohlenstofffaservlies (rCF), das aus Produktionsresten und anderen zurückgeführten Kohlenstofffasern hergestellt wird. Dieser Ansatz leistet einen Beitrag zum Aufbau einer Kreislaufwirtschaft im Faserverbundbereich. 

Das Endprodukt sollte nach dem Ende der Produktlaufzeit recyclingfähig sein und daher aus so wenig Materialien wie möglich bestehen. Aus diesem Grund wurde auf einen klassischen Holz- oder Kunststoffkern im Inneren des Sportgeräts verzichtet. Jedoch wäre ein Board, das vollständig aus Recyclingfasern besteht, bei gleichem Eigenschaftsprofil theoretisch rund 3,5mal so schwer wie ein konventionelles Board. Ein möglichst geringes Gewicht des Sportgeräts ist aber für ein dynamisches Fahrverhalten und höhere Sprünge anzustreben.

Topologie-Optimierung des Skelettkerns

Bionische Ansätze zum Einsparen überflüssiger Massen

Die Lösung stellte in diesem Fall die Entwicklung eines Skelettkerns dar, der den notwendigen Abstand zwischen den äußeren Decklagen sicherstellt. Hierbei wurde auf Grundlage bionischer Gestaltungsprinzipien eine Topologie-Optimierung durchgeführt. In Abhängigkeit der gesetzten Lastannahmen, Randbedingungen und Zielfunktion bildeten sich dabei unterschiedliche Ausprägungen der Skelettgeometrie aus. Das final optimierte Grunddesign wurde dann unter Berücksichtigung der notwendigen Schnittstellen für Finnen, Bindung und Tragegriff in eine fertigungsgerechte Geometrie überführt.

Kein Eigenschaftsverlust durch monomaterielle Bauweise

Ein weiterer wesentlicher Vorteil von rCF-Textilien liegt im quasiisotropen Eigenschaftsprofil. So können beispielsweise Gewinde für alle Anbauteile direkt in den Werkstoff eingebracht werden. Im Projekt wurden verschiedene Konzepte zur Integration der Gewindegänge während des Herstellungsprozesses entwickelt und in einem anschließenden Auszugsversuch validiert. Es zeigte sich, dass bei gleicher Gewindelänge die Auszugskräfte direkt eingebrachter Teile auf einem ähnlichen Niveau liegen wie die konventionell eingebrachter metallischer Lasteinleitungselemente. Ergänzende Langzeitversuchsreihen auf dem Wasser bestätigten die Ergebnisse eindrucksvoll.

Board-Aufbau und Musterboard

Gleich oder besser in allen Bereichen

Darüber hinaus zeigten Laborversuche mit ersten Skelettkernboards die gleichen mechanischen Eigenschaften, wie konventionell hergestellte Boards bei gleichem Gewicht und verbesserter CO2-Bilanz. Auf Grundlage der im Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse setzt der Sportgerätehersteller Vliesmaterialien bereits in verschiedenen Boards ein.

Grundsätzlich konnte das Projekt das Potenzial recycelter Werkstoffe in Strukturanwendungen aufzeigen. Für eine gesamtheitliche, allumfassende Kreislaufwirtschaft werden weitere innovative Lösungen in den verschiedensten Anwendungsbereichen notwendig sein, um künftig allen Bauteilen aus Faserverbundwerkstoffen nach dem Ende ihres Lebenszyklus neues Leben einzuhauchen.

Kontakt:

KVB Institut für Konstruktion und Verbundbauweisen gGmbH, Großweitzschen
M.Sc. Martin Zießler
Wissenschaftlicher Projektleiter | Scientific Project Manager
+49 3431 734 25 95
martin.ziessler@kvb-forschung.de
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