Faserverbundwerkstoffe in Windkraftanlagen
Schon 1957 kamen unter der Federführung von Windenergie-Pionier Professor Ulrich Hütter die ersten Rotorblätter aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) mit einer Länge von 17 Metern zum Einsatz. Auch beim GROWIAN (Große Windkraftanlage), dem einst größten Windkonverter der Welt wurde GFK-Material verbaut. In den frühen 70er Jahren entwickelte sich die Serienproduktion von GFK-Rotorblättern an kleineren Anlagen beginnend in Dänemark. In der Anfangsphase belief sich die Leistung auf ca. 10 Kilowatt. Heute erreichen wir Größenordnungen von 8 bis 10 Megawatt. Bei den hierbei erreichten großen Abmessungen der Rotoren wird in den Rotorblättern das GFK inzwischen aber auch vermehrt durch das leichtere und steifere CFK (Carbonfaserverstärkter Kunststoff) ersetzt. Der Einsatz von Faserkunststoffverbunden (FVK) oder Composites ist in der Windenergie außer in den Rotorblättern durchaus auch in anderen Komponenten der Gesamtanlage, z.B. im Turm oder Generatorwellen (z.B. im „FlexShaft“), denkbar. Rotorblätter aus GFK- und CFK-Materialien verbreiten sich weltweit mit wachsender Tendenz.
Erfolgsfaktoren und Chancen
Allein im Jahr 2015 wurden der European Wind Energy Association zufolge 12.800 MW an Windkraft-Kapazität installiert. Das entspricht einer Steigerungsrate von 6,3 %. Rotorblätter sind aktuell bis zu 85 m lang und Anlagen sind bis zu 200 m hoch. Basis für die Weiterentwicklung innovativer Materialien in Windkraftanlagen ist die weitere Erhöhung der Akzeptanz für regenerative Energien in der Politik und Gesellschaft. Darüber hinaus liegen noch eine Reihe von Optimierungspotenzialen in Technik und Material selbst, etwa in weiterentwickelten Materialien (Fasern und Matrizen, Sandwich-Kerne), in der Lebensdauer, der Qualität, Vogel- und Blitzschlagresistenz, Korrosion (v.a. im Offshore-Segment), Erosion oder dem Recycling. Transporteigenschaften, Montage und Wartung sind zu verbessern und die Fernüberwachung ist weiter zu optimieren. Bei einigen dieser Herausforderungen können weiterentwickelte Composites-Materialien helfen.
Zukunft von Composites in der Windenergie
Die wichtigste Herausforderung besteht darin, große Rotorblätter (70 bis 90 m) zu bauen und die Leistungsfähigkeit und den aerodynamischen Wirkungsgrad der Blätter zu erhöhen bei sinkenden Kosten. Dabei müssen lagerlose Rotoren entwickelt werden, CFK-Herstellungsprozesse müssen optimiert, die Blattherstellung automatisiert und integriertes Health Monitoring muss betrieben werden. Innovationen und Pilotprojekte sind zum einen große Anlagen (off-shore und für Schwachwindgebiete), die Windstromnutzung für die Wasserstofferzeugung und die Herstellung von Methangas durch Reaktion mit CO2 und Wasser. Große Potenziale liegen in der Weiterentwicklung sogenannter „smart blades“, intelligenter Rotorblätter, die sich dem Wind anpassen können.
Trend: Einsatz von CFK
Stefan Steinacker, Clustergeschäftsführer CU BW und Ansprechpartner im Composites United e.V. für die Arbeitsgruppe “ Faserverbund in der Windenergie“ fasst ein Szenario zusammen: „Es wird in Zukunft auch in diesem Bereich zu einem erhöhten Einsatz von CFK kommen. Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe machen immer größere und optimierte Rotorblätter von Windkraftanlagen möglich. Automatisierte Fertigungsverfahren werden zur Kostensenkung und Qualitätsverbesserung weiterentwickelt. Weiter werden die Leistung, Aerodynamik und Aeroakustik verbessert. Und es wird auch große, geteilte Blätter geben, damit die Herausforderungen für Transport und Montage besser gelöst werden können. Denkbar ist auch die Gestaltung der Türme aus Carbonbeton“. Franz Weißgerber von den Carbon-Werken Weißgerber ergänzt: „Ein großer Teil des heute weltweit eingesetzten CFK wird in Rotorblättern verbaut. Gerade im Recycling von Rotorblättern liegt viel Musik. Jeder Schritt, den wir hier weiterkommen wird auch die Akzeptanz der Technologie weiterbringen“.