Faserverbundwerkstoffe verfügen über herausragende mechanische Eigenschaften bei gleichzeitig niedriger Dichte. Daraus gefertigte Gegenstände sind leicht und gleichzeitig sehr stabil – das macht sie zum idealen Werkstoff für Sportartikelhersteller über die Automobilindustrie bis hin zur Luft- und Raumfahrt. Statt den bisher üblichen Glas- und Carbonfasern sollen nun zunehmend natürliche Fasern wie Flachs, Hanf oder Jute als Verstärkung eingesetzt werden. Durch ihr Potential während der Herstellung Treibhausgasemissionen und Energie einzusparen, ermöglichen sie eine vergleichsweise günstige Herstellung. Ihre mechanischen Eigenschaften deuten einerseits auf noch nicht ausgeschöpftes Potenzial hin, können jedoch je nach jährlichen Wachstumsbedingungen in ihrer Dichte, Festigkeit oder Steifigkeit stark variieren. Um zukünftig Faserverbundwerkstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe möglichst effizient, nachhaltig und vor allem wettbewerbsfähig herstellen zu können, bündeln die Hochschule Aalen und das Fraunhofer-IGCV ihre Expertisen hinsichtlich Werkstoff- und Produktionstechnik.
Die Arbeitsgruppe »BioComposites« mit aktuell noch zwei Forschenden aus beiden Einrichtungen hat zum Ziel, hochwertige biobasierte Faserverbundwerkstoffe für Leichtbauanwendungen zu entwickeln und deren Fertigungsprozesse zu optimieren. Faserverbundwerkstoffe aus biobasierten Komponenten können so – insbesondere in Kombination mit den richtigen Recyclingstrategien – dazu beitragen, dass weniger Schadstoffe in Luft, Wasser und Boden freigesetzt werden.

 

Prof. Dr.-Ing. Iman Taha, Inhaberin des Lehrstuhls für nachhaltige Werkstoffe in der Kunststofftechnik der Hochschule Aalen und Leiterin der Arbeitsgruppe, sieht großes Potenzial in der gemeinsamen Forschung: »Im Gegensatz zu herkömmlichen Verbundwerkstoffen, die oft auf Erdölprodukten basieren, bieten Bio-Composites eine ökologische Alternative, die einen wichtigen Beitrag auch zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes leisten kann. Damit kommt ihnen eine tragende Rolle zu, unseren Alltag nachhaltiger zu gestalten.«

Die Hochschule Aalen und das Fraunhofer IGCV ergänzen sich thematisch bestens. Prof. Dr.-Ing. Iman Taha forscht bereits seit vielen Jahren zum schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen und leitete mehrere große Forschungsprojekte zu nachhaltiger Kunststofftechnik. Zur Verfügung steht der Arbeitsgruppe ein großes Repertoire an Prüf- und Fertigungsanlagen beider Forschungszentren.

 

Bio-Faserverbundwerkstoffe

Fasern sorgen in Verbundwerkstoffen für die notwendige Festigkeit. Dabei machen Naturfasern den weit verbreiteten Glasfasern zunehmend Konkurrenz: Seit den 2000er Jahren werden immer häufiger Verstärkungsfasern eingesetzt, die aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen – insbesondere aus Pflanzen wie Hanf, Flachs oder Sisal. Da diese unterschiedliche Strukturen aufweisen und ihr Wachstum stark von den jährlichen Wetterbedingungen abhängt, unterscheiden sie sich teilweise deutlich in ihrer Dichte, Festigkeit oder Steifigkeit. Naturfasern haben im Allgemeinen eine geringe Dichte von 1,2-1,6 g/cm³, eine Festigkeit von 300-1000 MPa und einen E-Modul von 10-130 GPa. Im Idealfall ähneln Naturfasern – bezogen auf ihre spezifischen Eigenschaften – den Glasfasern. Anders als dieser Verbundstoff haben Naturfasern den Vorteil, dass sie kaum splittern und sich durch eine positive Werkstoff-Energiebilanz auszeichnen. Aufgrund ihrer pflanzlichen Struktur liegen Naturfasern nicht endlosförmig vor. Stattdessen werden sie als Lang- oder Kurzfasern im Zwirnverfahren oder als Stapelfaser zu Endlos-Faserbündeln aufbereitet. Bio-Faserverbundstoffe liegen dann vor, wenn die Fasern (oder die Matrix) biobasiert sind. Aktuell werden Bio-Faserverbundwerkstoffe insbesondere von der Automobilindustrie verwendet, etwa für die Innenausstattung. Aber auch als Verpackungsmaterial oder als Werkstoff für Möbel haben sich die pflanzenbasierten Komposite etabliert.

 

Wichtiger Hinweis

Die Forschungsgruppe ist aktuell auf der Suche nach Partnern für zukünftige Ausschreibungen und direkte Kooperationen. Bei Interesse oder weiteren Fragen
kontaktieren Sie gerne Prof. Dr. Iman Taha per E-Mail: iman.taha@hs-aalen.de

 

Über die Hochschule Aalen

Im aktuellen Forschungs- und Entwicklungsplan der HSAA – Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft sind fünf Forschungsschwerpunkte verankert: Advanced Materials and Manufacturing (AMM), Photonics (PHO), Intelligente mechatronische Systeme (IMS), Analytische und Organische Chemie (OC) sowie Ökonomische und soziale Innovationen im Wandel (ÖSI). Inhaltliche Schwerpunkte sind Materialforschung, Werkstoff und Fertigungstechnik sowie Modellierung, Simulation und Erprobung. Innovative Materialien sowie ressourcen- und energieeffiziente Produkte und Produktionsverfahren werden hier für unterschiedlichste Anwendungsbereiche entwickelt. Zusätzlich zu den fünf disziplinären Schwerpunkten, werden im aktuellen Struktur- und Entwicklungsplan der Hochschule 2024-2028 weitere strategische Forschungsfelder mit interdisziplinärem und querschnittlichem Charakter definiert. Diese sind: Industrie 4.0 / Künstliche Intelligenz, Gesundheit und Nachhaltigkeit / Kreislaufwirtschaft.
Die Forschungsgruppe »BioComposites« ist thematisch dem Forschungsschwerpunkt AMM zugeordnet und trägt zudem maßgeblich zum Ausbau des interdisziplinären Forschungsfeldes »Nachhaltigkeit / Kreislaufwirtschaft« bei.

 

Über Fraunhofer IGCV

Das Fraunhofer IGCV steht für anwendungsbezogene Forschung mit Schwerpunkt auf effizientem Engineering, vernetzter Produktion und intelligenten Multimateriallösungen. Das Institut ermöglicht Innovationen auf der Ebene der Fertigungsprozesse und Materialwissenschaften, der Maschinen und Prozessketten sowie der Fabrik und Unternehmensnetzwerke. Die knapp 160 Mitarbeitenden generieren interdisziplinäre Lösungen speziell für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik. Dabei wird das Wissen aus Forschung und Entwicklung in industrielle Anwendungen transferiert. Die Zusammenarbeit mit Industriepartnern in diversen Forschungsprojekten trägt zur Sicherung der nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas bei.

 


 

Pressekontakt

Elke Röhr
Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit

Fraunhofer IGCV
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