Schutztextilien haben je nach Einsatzgebiet spezielle Anforderungen und damit verbundene Eigenschaften. Bevor sie der Anwender nutzt, haben viele Menschen einen Anteil an der Bereitstellung dieser textilen High-Tech-Erzeugnisse, angefangen mit der Faserstoffauswahl, über die verschiedenen Formen der Flächenbildung, -konstruktion und -veredlung, von Design, Schnittgestaltung und Herstellung beim Konfektionär bis hin zu den Prüflaboren und letztlich auch den Zertifizierungsstellen. Am 22. Dezember 1994 von der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) akkreditiert, bietet das STFI als Notified Body (Benannte Stelle) 0516 Zertifizierungen im Bereich Schutztextilien an – zuverlässig seit über 30 Jahren.
Das erste Zertifikat, welches am STFI ausgestellt wurde, galt dem Chemikalienschutz. Damals sogar ohne einen harmonisierten Standard. Seither haben mehrere Tausend Zertifikate das STFI verlassen, um den Kunden konforme Produkte für den Hitze-, Schweißer,- Chemikalien-, Störlichtbogen- und Elektrostatikschutz zu bescheinigen. Der Startpunkt der Zertifizierungen von Schutztextilien am STFI ist eng mit der europäischen Wirtschaftsgeschichte verwoben. Die Gründung des gemeinsamen Binnenmarktes der EU zum 1. Januar 1993 ermöglichte den freien Warenverkehr über die Grenzen der Länder hinweg. Das CE-Kennzeichen kommt damit einem Reisepass für Produkte gleich, die harmonisierte Sicherheitsanforderungen erfüllen, so auch für Persönliche Schutzausrüstung (PSA). So darf seit 1. Juli 1995 keine Schutzkleidung in Europa mehr ohne das CE-Kennzeichen verkauft werden. PSA, die ihren Träger vor besonderen Gefährdungen schützt, sind in diesem Zusammenhang durch sogenannte benannte Stellen einer EU-Baumusterprüfung zu unterziehen.
30 Jahre Zertifizierungsstelle am STFI heißt neben stabilen Kundenbeziehungen gleichwohl Evolution. Einerseits bestimmen stetige Neuerungen des normativen Rahmens die Schutzprodukte. Wurde Hitze- und Flammschutzkleidung zu Beginn der Zertifizierungstätigkeit noch auf Basis der rein europäischen Norm EN 531 mit relativ wenigen Parametern beschrieben, definiert heute der internationale Standard EN ISO 11612 umfassende Prüf- und Bewertungsanforderungen für derartige textile Schutzausrüstungen.
Andererseits etabliert sich gänzlich neue Schutzkleidung für hochspezialisierte Szenarien am Markt, deren Entwicklung mit entsprechenden Prüfverfahren und Normenarbeit einhergeht. Hier kommt die Expertise der akkreditierten Prüfstelle des STFI ins Spiel. Das Team für Prüfverfahrensentwicklung gestaltete so maßgeblich die Vorgaben für Schutzkleidung gegen Störlichtbogen mit und ist für diese Schutzkleidung in Deutschland seither führender Partner der Hersteller. Vergleichbares gilt für Schutzkleidung gegen Laserstrahlen, denn das STFI schuf hierzu das bislang einzig verfügbare Verfahren für die Prüfung und Bewertung derlei Schutzkleidung. Heute treibt der Schutz vor verfahrensbedingt entstehender UV-Strahlung, die beispielsweise beim Schweißen oder bei der UV-Desinfektion im industriellen Umfeld entsteht, die Kollegen zu neuen Entwicklungen an. Erforscht wird jüngst das Degradationsverhalten von Textilien, die technischer UV-Strahlung exponiert sind, darüber hinaus wird eine Testmethode für das Verfahren entwickelt.
Aus den ersten Schritten zur Gewinnung von Kundenvertrauen, der Beratung zu den damals neu erschienenen europäischen Normen und einer konsequenten Ausrichtung an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden ist über die Jahre ein international geschätztes und gefragtes Team gewachsen. Regelmäßig informiert das STFI in Schulungen über gesetzliche Änderungen rund um PSA, um den Kunden Sicherheit im Umgang mit Inhalten und Anforderungen der Schutzkleidungsnormen zu vermitteln. Heute vertrauen Kunden aus der ganzen Welt auf die Zuverlässigkeit des STFI in Sachen Zertifizierung von PSA.




Fünf Fragen an Hendrik Beier, Leiter der Zertifizierungsstelle PSA am STFI
Seit 1994 werden am STFI Persönliche Schutztextilien zertifiziert. Mit über 30 Jahren Expertise leitet Hendrik Beier die Zertifizierungsstelle PSA am Institut. Wir haben fünf Fragen zu seiner Arbeit an ihn gerichtet.
Kontakt: Dipl.-Inform. Hendrik Beier | hendrik.beier@stfi.de

Was begeistert Sie an Schutztextilien?
Wir alle kennen und nutzen Textilien schon von klein auf, aber Schutztextilien spielen definitiv in einer ganz anderen Liga: echte High-Tech Produkte, deren Wert für die Gesellschaft man nicht hoch genug einschätzen kann. Was sie zu leisten im Stande sind, fasziniert mich seit Jahrzenten und macht unseren Job an der Schnittstelle zwischen innovativen Textilunternehmen, deren Produkten und den Anwendern aus der Wirtschaft so spannend.
Wohin geht der Entwicklungstrend bei Schutztextilien?
Wie bereits seit Jahren ist der Trend zu Multifunktion ungebrochen. Viele Schutzfunktionen in einer individuell auf den Arbeitsbereich und den Träger zugeschnittenen Kleidung, selbstverständlich in einem ansprechenden, modischen Design, werden auch die kommende A+A prägen. Aber auch der Gedanke der Nachhaltigkeit nimmt in Form einer Materialauswahl mit ausgewiesener Langlebigkeit und Gebrauchsstabilität sowie einem weitmöglichst reparaturfreundlichem Kleidungsdesign immer mehr Raum ein.
Wofür tragen die Fachzertifizierer bei einem Kundenauftrag Sorge?
Sie sind nicht nur Hauptansprechpartner für unserer Kunden, sondern legen den Grundstein für eine gesetz- und normenkonforme Zertifizierung – oder EU-Baumusterprüfung nach Artikel 19 der PSA-Verordnung (EU) 2016/425 für Produkte der Risikokategorie II und III – wie unsere Tätigkeit im sperrigen Gesetzessprech heißt. Sie sind quasi die Seele einer Zertifizierungsstelle, denn gemeinsam mit dem Leiter oder der Leiterin der Zertifizierungsstelle symbolisieren sie die Kompetenz und damit den Wert der Stelle für ihre Kunden. Daher sollte es auch nicht überraschen, dass die Ausbildung zum Fachzertifizierer üblicherweise mehrere Jahre benötigt, bis man in der Welt der Gesetze, Verordnungen und nicht zu vergessen der zahlreichen Normen aus den unterschiedlichen Fachgebieten zu Hause ist.
Was bekommen die Kunden bei einem Zertifizierungsauftrag im Nachgang an die Hand?
Neben der Rechnung das Gefühl, dass wir Verantwortung für diese Produkte übernehmen und an die Funktionalität unter den vorgesehenen Einsatzbedingungen glauben! Wir sind sehr froh, dass zu dem überwiegenden Anteil unserer Kunden teilweise jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen bestehen. Denn es sind eben oft auch die oben genannten, individuell auf den Arbeitsbereich und den Träger zugeschnittenen Konzepte, die eine Prüfung und Bewertung der Schutzkleidung so spannend, aber teilweise auch herausfordernd werden lassen.
Die nüchterne, formale Betrachtung einer Nutzung der EU-Baumusterprüfung für die Inverkehrbringung der PSA wird dem eigentlich nicht wirklich gerecht. Denn immerhin müssen wir uns stets vergegenwärtigen: in der von uns geprüften und bewerteten Schutzkleidung stellen sich jeden Tag zehntausende Beschäftigte aus den unterschiedlichsten Industrieebereichen den Herausforderungen und Gefahren ihres Jobs. Vom Automobilisten, über das Stahl- und Chemiewerk, den Energieversorgern und Stadtwerken bis hin zu den vielen kommunalen Unternehmen unseres Landes.
Was sind wiederkehrende Fragen der Zertifizierungskunden?
Zwei Klassiker: warum dauert das so lange und ist so teuer? Aber im Ernst: natürlich ist mir bewusst, dass in einer so schnelllebigen Zeit eine möglichst kurze Bearbeitungszeit bei geringstmöglichen Kosten mit dem höchsten Stellenwert besitzt. Denn immerhin sind wir, üblicherweise nach vielen Monaten der Vorbereitung des neuen PSA-Kleidungskonzeptes beim Anwender, den Tragetests und letzten Optimierungen, dann die letzte Hürde vor der Produktion und Auslieferung der neuen Kleidung an die Belegschaft und da soll es natürlich schnell gehen. Ebenso oft aber entstehen technische Fragen zur Normung bzw. den darin fixierten oder zukünftig zu fixierenden Anforderungen. Denn natürlich arbeiten wir ebenfalls in den nationalen, europäischen und internationalen Normungsgremien intensiv mit, denn auch daraus erwächst unschätzbar viel Kompetenz für die Prüfung und Bewertung von Schutztextilien. Und so ist es wohl auch hier nicht überraschend, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Zertifizierungsstelle Schutztextilien im STFI verschiedene Auslegungs- und Verständnisfragen zu elektrischen Störlichtbogen, Elektrostatik oder ganz aktuell dem Schutz vor künstlicher UV-Strahlung fundiert beantwortet zu bekommen.
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