Für die Armierung faserverstärkter Kunststoffe besitzen Carbonfasern aktuell das höchste mechanische Eigenschaftspotenzial in Bezug auf die Dichte. Auch die elektrische Leitfähigkeit von Carbonfasern wird bereits eingesetzt, etwa in ausgewählten Anwendungen zum Widerstandsheizen. Das STFI untersuchte nun im Rahmen eines F&E-Projekts, ob die elektrische Leitfähigkeit der Carbonfasern in Textilstrukturen und Laminaten zur fremdwerkstofffreien Datenspeicherung genutzt werden kann.

Inhalt des STFI-Projekts war die Entwicklung von Speicher- und Leseprinzipien auf Basis textiler Carbonfaserstrukturen. Dabei wurden zunächst kapazitive und induktive Anordnungen anhand verschiedener Strukturen getestet. Die Datenträger wurden im Tailored Fibre Placement (TFP)-Verfahren gefertigt und unterschieden sich bezüglich

  • Stickgrund (Gewebe, Biaxialgelege, rCF-Vliesstoff) aus Carbon- und Glasfasern,
  • Größe, Form und Abstand der Datenstrukturen, z. B. ringförmig mit Ø 10 mm,
  • Rovingstärke (3K–12K) sowie Mehrfachlegungen.


Die Datenträger-Strukturen wurden trocken und als Laminate untersucht. Bei den Laminaten wurde als weitere Variante der Einfluss der RFID-Einbetttiefe, d. h. die Abhängigkeit von der Probendicke, betrachtet. Für die Untersuchungen wurde ein Prüfstand entwickelt, der das Abzeilen von Flächen ermöglicht.

Datenauswertung anhand Musterabstand
(0 mm, 4 mm, 7 mm, 12 mm, 22 mm, 42 mm)
Datenträger, hergestellt im TFP-Verfahren

Ergebnisse
Nach Bau und Erprobung des Prüfstands, der Durchführung von Vorversuchen und einer Optimierungsphase konnte die Informationsdichte des Binär-/Dualcodes von 4 auf 16 Bit erhöht werden. Diese Steigerung ermmöglicht das Speichern von 65 472 Informations-/Messwerten. Zur Codierung von EPC-Daten könnte der CF-Datenträger leicht auf 96-Bit-, 128-Bit- oder 240-Bit-EPC-Tags erweitert werden.


Fazit und Ausblick
Die induktive Messtechnologie erwies sich gegenüber der kapazitiven als überlegen hinsichtlich Messmimik, Detektierbarkeit und Störanfälligkeit. Carbonfaserbasierte Datenträgerstrukturen können in den Herstellungsprozess von Laminaten integriert und ausgelesen werden.
Das Auslesen von Informationen ist abhängig von der Tiefenlage der CF-Datenträger im Laminat, der Dicke der Rovings und der Geometrie der Mikrostruktur. Für das Auslesen in Zwischenlagen von mehrlagigen Carbonfaserstrukturen ist eine frequenzangepasste Induktivität notwendig.
Mit dem Projekt wurden die Grundlagen geschaffen, umweltbelastende RFID-Systeme mittelfristig in der auf Carbonfasern basierten Composite-Branche durch fremdwerkstofffreie Strukturen zu ersetzen.

Die von außen unsichtbare Kodierung bietet auch Potenzial zum Schutz vor Produktpiraterie und kann als neues und nachhaltiges Prinzip der werkstoffintrinsischen Datenspeicherung angesehen werden.

Motivation

Die RFID-Technik zum automatischen und berührungslosen Identifizieren und Lokalisieren von Objekten ist sowohl in der Produktions- und Transportlogistik als auch im Alltag präsent. Die kleinen Funkchips enthalten u. a. Acrylate, Silicium, Kupfer, Aluminium, Silber, Epoxidharze, Nickel und PET. RFID besitzen in der Regel nur einen minimalen Masseanteil am Produkt. Aktuell werden Recyclingkonzepte vorzugsweise auf den Werkstoff des Produkts abgestimmt. Die wertvollen Komponenten im RFID gehen so als Werkstoffressourcen verloren und stellen zugleich eine Gefahr für Umwelt, Gesundheit und Abfallwirtschaft dar. Zusätzlich verschärfen die Anteile an Kunststoffen in RFID-Systemen die Mikroplastikkontamination der Weltmeere. Das Umweltbundesamt (UBA) prognostizierte bereits 2007 einen rasanten Anstieg beim Eintrag von Störstoffen aus RFID in die Umwelt auf ca. 800 t im Jahr bis 2020. Diese Probleme sind bis heute weder gelöst noch in Angriff genommen.

Das STFI dankt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz für die Förderung des Projekts (Reg.-Nr. 49VF190026) innerhalb des Förderprogramms „F&E-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz (INNO-KOM) – Modul Vorlaufforschung (VF)“.

Kontakt:

STFI – Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V., Chemnitz
www.stfi.de