Wie umfassend oder detailreich sollte eine Design-Anmeldung ausgestaltet sein, um tatsächlich effektiv gegen Nachahmer abgesichert zu sein?
Ein eingetragenes Design stellt ein effektives Instrument dar, um die Gestaltung von Erzeugnissen zu schützen. Ein „Erzeugnis“ kann dabei alles sein, was man klassischerweise mit einem Design in Verbindung bringt: Möbel, Schuhe, Bekleidung, Lampen aber auch die besondere Gestaltung eines Türgriffs. Genauso gut können grafische Elemente – d.h. zweidimensionale Flächen – designrechtlich abgesichert werden, bspw. als Oberflächengestaltung von Werkstoffen oder Textilien.
Die Frage, die hierbei immer wieder relevant wird, ist, wie umfassend oder detailreich die Anmeldung ausgestaltet sein sollte, um tatsächlich effektiv gegen Nachahmer abgesichert zu sein.
Hierbei ist zunächst zu klären, ob der Designschutz nur für Deutschland oder auch europaweit gelten soll. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des internationalen Handelsverkehrs, wird immer häufiger zum sog. Gemeinschaftsgeschmacksmuster gegriffen, d. h. dem Europäischen Designrecht. Damit ist das Design in allen 27 Mitgliedsstaaten mit einer einzigen Anmeldung abgesichert.
Designrechtlicher Schutz von Teilen eines Erzeugnisses
Sobald die Rahmenbedingungen feststehen, ist die konkrete Darstellung des Designs zu bestimmen. Denn die im Register hinterlegte Abbildung des Musters definiert am Ende den Umfang des Designschutzes und ist im Zweifel ein entscheidender Faktor, ob gegen Nachahmungen vorgegangen werden kann. Die richtige Anmeldestrategie ist damit essenziell.
Um den Umfang der Anmeldung abzustecken, lautet die einfache Regel wie folgt: Alles, wofür man im Falle einer Nachahmung Ansprüche geltend machen möchte, sollte auch klar und eindeutig in der Designanmeldung ersichtlich sein. Das heißt, dass im Zweifel auch für relevante Teile des Produkts eine separate Designanmeldung vorgenommen werden sollte.
Was zunächst so sperrig klingt, spielt beispielsweise immer wieder bei Ersatzteilen von Karosserien eine große Rolle. Entwirft ein Autohersteller eine besonders ausgefallene Gestaltung eines Autospiegels, sollte dieser gesondert als Design eingetragen werden. Es reicht nicht, wenn der Spiegel lediglich als Teil des kompletten Fahrzeugs auf einer Abbildung zu erkennen ist.
Die Konsequenzen des fehlenden Teilschutzes musste bereits Ferrari in einem bekannten Rechtsstreit mit einem Anbieter von Autotuning-Teilen spüren. Die gerichtliche Auseinandersetzung wurde dabei über mehrere Instanzen ausgefochten und hätte durch eine gezielte Absicherung durch die Eintragung des Designs von vornherein vermieden werden können. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf1 bestätigte am Ende, dass Ferrari keinerlei Ansprüche gegen den Ersatzteilanbieter zustehen.
Zum Hintergrund des Falles
Ferarri hat ein limitiertes Sondermodell eines Sportwagens zum Preis von 2,2 Mio. Euro entwickelt. Spezielles Kennzeichen dieses Modells ist die besondere Ausgestaltung eines auf der Fronthaube hervorgehobenen „V“.
Für wen dieses Modell preislich den Rahmen sprengt, der kann auf eine einfachere Variante von Ferrari zurückgreifen – das günstigere Sportwagen-Modell ist zum Preis von rund 180.000 EUR erhältlich. Wer jedoch nicht auf das Prestige des Spitzenmodells verzichten will, kann sog. „Front Kits“ bei einem spezialisierten Unternehmen erwerben, um seinem Sportwagen durch ein simples Upgrade den Anschein der Luxusvariante zu verleihen. Damit erweckt auch die „Billigvariante“ des Sportwagens den Eindruck eines Millionenmodells.
Ferrari war davon nicht begeistert und ging bereits 2017 gegen den Autotuning-Händler vor dem Landgericht Düsseldorf vor.
Zur Begründung der Unterlassungsklage führte Ferrari an, der konkret in Streit stehende Teil der Sportwagen sei designrechtlich geschützt, nämlich über das sogenannte nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
Das nicht eingetragene Geschmacksmuster dient als Instrument, um schnelllebige Designs kurzfristig auch ohne Eintragung im Register gegen Nachahmungen abzusichern. Hierauf stützte der Sportwagen-Hersteller im Wesentlichen seinen geltend gemachten Anspruch auf Unterlassen des Angebots des Tuning-Teils. Denn Ferrari hatte das Fahrzeug zuvor als Ganzes im Rahmen einer Pressemitteilung zumindest den relevanten Fachkreisen veröffentlicht. Ferrari war daher der Meinung, auf den Fotos sei der streitgegenständliche Teilbereich ausreichend erkennbar gewesen. Infolgedessen wäre der veröffentlichte Teilbereich Gegenstand eines gesondertes Designschutzes, nämlich über das nicht eingetragene Geschmacksmuster.
Hierzu hatte bereits 2020 der EuGH2 in einem Vorabentscheidungsverfahren klargestellt, dass durch die Veröffentlichung von Abbildungen eines Erzeugnisses, auch an einem Teil des ganzen Erzeugnisses ein Geschmacksmuster entsteht. Voraussetzung ist jedoch, dass dieser relevante „Teil“ klar erkennbar und eindeutig zu identifizieren ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen scheiterte Ferrari nun in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Denn das OLG konkretisierte die vom EuGH aufgestellten Grundsätze und stellte klar, dass einem nicht eingetragenen Geschmacksmuster an Teilbereichen jedenfalls Unstimmigkeiten innerhalb eines abgegrenzten Bereichs entgegenstehen können. Der maßgebliche Teilbereich muss daher in eindeutiger Weise zu erkennen sein. Auf den in der Pressemitteilung von Ferrari veröffentlichten Bildern war das Fahrzeug lediglich aus der Ferne aus fünf verschiedenen Blickrichtungen zu sehen. Jedoch war auf diesen Bildern der im Rechtsstreit relevante Teil der Frontansicht nicht so zu erkennen, dass eine eindeutige Abgrenzung dieses Teilbereichs möglich gewesen wäre. Es können gerade nicht willkürlich Teile eines Musters aus einer Gesamtansicht herauskopiert werden, um sich dann auf das Instrument des nicht eingetragenen Geschmacksmusters zu berufen.
Nach Auffassung des Gerichts war es vielmehr so, dass der Teilbereich der Front schlicht in dem Gesamteindruck des Sportwagens als Ganzes untergegangen ist und keinen eigenen Gesamteindruck erzeugt hat.
Das OLG Düsseldorf gelangte damit zu der Ansicht, dass kein geschmacksmusterrechtlicher Schutz für den streitigen Teilbereich der Vorderfront des Ferraris entstanden sei.
Praktische Hinweise
Die Entscheidung bestätigt damit eindrücklich die designrechtlichen Grundsätze. Fazit für die Praxis ist daher, dass im Zweifel stets auch einzelne Teile eines Gesamtprodukts separat als Design angemeldet werden sollten, wenn diese so besonders sind, dass es möglicherweise gerade auf den Schutz dessen ankommen wird. Die Anmeldung mehrerer Muster kann zudem kostensparend durch eine Sammelanmeldung vereinfacht werden.
Wir beraten Sie gern und entwerfen eine passende Strategie für Ihre Designanmeldung! Derzeit ist noch offen, ob im Falle Ferrari vom BGH noch eine abschließende Klärung zu erwarten ist. Wir halten Sie über alle Neuheiten auf dem Laufenden!
Quellen
- OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.02.2023 – Az. 20 U 124/17 ↩︎
- EuGH, Urt. v. 28.10.2021, Az. C-123/20. ↩︎
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