Im monatlichen „Jour Fixe“ der Cluster CU West und CU BW des Composites United e. V. (CU) stellen Unternehmen und Einrichtungen ihre Technologien oder Projekte zu einem aktuellen Thema vor. Beim 26. Jour Fixe „Neues aus der Verarbeitungstechnik“ am 16. September 2024 beteiligten sich rund 30 CU-Mitglieder und Gäste.

„Innovative Produkte aus Verbundwerkstoffen entstehen aus dem erfolgreichen Zusammenspiel von Konstruktion, Material und Verarbeitungstechnik, der wir uns heute widmen wollen“, so Dr. Heinz Kolz, Clustergeschäftsführer von CU West in seiner Begrüßung. Die Technologien von drei führenden Herstellern der Verarbeitungstechnik standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Prof. Dr. Thomas Neumeyer, vom Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe, führte mit einem Impulsvortrag in die Diskussion mit den Teilnehmenden ein.

 

Im Rahmen des 26. Jour Fixe stellten drei Referenten die Beiträge ihrer Unternehmen zum Thema vor: 

Infiltrated TowPregs für Wickelanwendungen und robotische Faserablage

Mit 100 Mitarbeitenden ist die familiengeführte M&A Dieterle GmbH vor allem auf die Herstellung schwerer Metallteile für den Maschinenbau spezialisiert. Die Entwicklung von Anlagen zur Composites-Verarbeitung wurde vor zehn Jahren im Zuge einer Diversifizierung gestartet. Im Infiltrated TowPreg-Verfahren werden die Fasern gespreizt, die gewünschten Materialien (z. B. Farbe) aufgebracht und dann in einem Behälter in Harz eingelegt und vakuumiert.

Bild: M&A Dieterle GmbH

Das Verfahren ermöglicht einen robotischen Wickelprozess, der schneller ist als das klassische Harzbad. Es fallen kaum Harztropfen im Verarbeitungsprozess an. Das Verfahren ermöglicht kleine Stückzahlen und eine hohe Flexibilität hinsichtlich der eingesetzten Fasern und Harzsysteme. Damit können Anwender Wertschöpfung und Fertigungs-Know-how inhouse halten. Das Unternehmen möchte das Spektrum der anwendenden Unternehmen weiter ausbauen.

Referent: Benjamin Grisin, Entwicklungsleiter – Open Fibre Systems, M&A Dieterle GmbH

 

Mit Vakuum-Direktinfusionstechnologie Unzulänglichkeiten herkömmlicher Infusionsverfahren überwinden

Die Hübers Verfahrenstechnik Maschinenbau GmbH hat, mit 180 Mitarbeitenden und 60 Anlagen pro Jahr, ihre Schwerpunkte in Gießharz- und Flüssigsilikon-Anwendungen. Die Faser-Imprägnierung mit der neuen Anwendung Direkt-RTM bietet eine Beschleunigung in der Fertigung. Harz und Härter werden mittels Dosierpumpen exakt dosiert und hochpräzise gemischt. Die Entgasung unter Vakuum schließt Fehlerursachen durch Blasenbildung aus. Dosierkontrollgeräte sorgen für die Prozessüberwachung. Mit diesem Verfahren können Rotorblätter von Windkraftanlagen in 3,5 bis 4 Stunden befüllt werden. Das Unternehmen sucht Kooperationen zur Arbeitsteilung bei der Fertigung mit anderen Maschinenbauern.

Referent: Thomas Lemckau, Vertrieb, Hübers Verfahrenstechnik Maschinenbau GmbH

Bild: Hübers Verfahrenstechnik Maschinenbau GmbH

Mit neuen Roth Technologien höchste Produktivitätsniveaus im Filament Winding erreichen

Seit 1963 bietet Roth Faser-Wickelmaschinen national und international von der kleinen Laboranlage bis zur großen Anlage für Serienfertigungen, wie für die Ariane 5. Angesichts des internationalen Wettbewerbs verbessert die Firma ihre Wickelmaschinen kontinuierlich hinsichtlich Steuerung und Fertigung. Mit der Duplex-Anlage lassen sich große und schwere Bauteile sowohl nass als auch im Taupreg-Verfahren fertigen. Mehrere Schlitten kommen an unterschiedlichen Stellen im Wickelmuster zum Einsatz. Hohe Geschwindigkeit muss bei konstanter Faserspannung die gleiche Präzision (gleiche Winkel) bieten und die Maschinen müssen exakt das umsetzen, was programmiert ist. Behälter, die auf 700 bar ausgelegt sind, erfordern stabile Prozesse ohne jegliche Abweichungen. Das Unternehmen ist weiter an Softwarelösungen zur Steuerung, zum Onlinemonitoring, für Messsysteme und zur Verarbeitung von Sensordaten interessiert.

Referent: Rouven Weg, Produktmanager für Faserimprägniertechnologien, Roth Composite Machinery

Abb: Roth Composite Machinery

Einführung in die Diskussion:

Das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe deckt als großes Forschungsinstitut mit 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den gesamten Wertschöpfungsprozess von der Materialentwicklung über die Konstruktion bis hin zur Fertigung ab.

Nachhaltigkeit sollte in der Verarbeitung auf vier Feldern angestrebt werden:

  • Materialeinsatz reduzieren
  • Sekundäre Materialen verwenden
  • Biobasierte Materialien einsetzen und
  • Energie einsparen

 

120.000 t jährlich produzierter Carbonfasern stehen 20.000 t an Waste gegenüber, davon 40 % Produktionsabfälle und 60 % End of Life-Abfälle. Die Abfallmenge gilt es in den Produktionsprozess zurückzuführen. Kohlenstofffasern sollten mehr als ein Leben haben und in Wiederverwertungskaskaden immer wieder einer hochwertigen Nutzung zugeführt werden. Die thermische Verwertung ist nur eine Option, wenn keine sinnvolle Verarbeitung mehr möglich ist. In einem DFG-Projekt am IVW werden Stapelfasern zu Garnen gewebt und zu Organoblechen verarbeitet. Das Material hat Vor- und Nachteile. Die Verarbeitung zu faltenfreien Radien ist einer der Vorteile.

Referent: Prof. Dr. Thomas Neumeyer, Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe,
https://www.ivw.uni-kl.de

Abb: Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe

Aus der Diskussion:

Aktuell ist das Nasswickeln aus wirtschaftlichen Gründen das am meisten verbreitete Verfahren. Angesichts der deutlichen Vorteile wie Geschwindigkeit, Beherrschbarkeit des Prozesses und Sauberkeit, zeigt sich ein wachsendes Interesse am TowPreg-Wickelverfahren. Mit sinkenden Anlagekosten wird sich das Verfahren durchsetzen. Für das Infiltrated TowPreg-Verfahren ergeben sich materialabhängig unterschiedliche Kostenaufschläge für eine imprägnierte Spule. Eine pauschaler Kostenunterschied lässt sich nicht festmachen. Für die Vakuum-Direktinfusionstechnologie ergibt sich je nach Bauteil und Material ein geringerer Nachbearbeitungsbedarf, der unterschiedlich ausfällt.

Die Vorträge aus den jeweiligen Veranstaltungen sind für Mitglieder auf Carbon Connected verfügbar: https://www.carbon-connected.de/Group/CU.West/uebersicht

Ansprechpartner für Ihre Anliegen und die Veranstaltungsreihe ist Dr. Heinz Kolz, Clustergeschäftsführer CU West: heinz.kolz@composites-united.com

Einladung zum CU Innovation Day „Nachhaltige Produktion vom Composites –
Materialien & Ökoeffizienz“

Datum: 12./13.November 2024

Ort: Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe, Kaiserslautern

Mehr Informationen und das Programm finden Sie hier.