Im monatlichen „Jour Fixe“ der Cluster CU West und CU Nord des Composites United e. V. stellen Unternehmen und Einrichtungen ihre Technologien oder Projekte zu einem aktuellen Thema vor. Beim Jour Fixe „Luftfahrt: Leichter mit Verbundwerkstoffen“ am 15. September 2025 beteiligten sich 40 CU-Mitglieder und Gäste. Marc Fette, CEO der CTC GmbH, führte in die Diskussion ein, die er anschließend mit Dr. Bastian Brenken leitete.

„Jede Gewichtsreduzierung in der Luftfahrt bedeutet Energieeinsparung und Klimaschutz über die Lebensdauer von Flugzeugen. Verbundwerkstoffe treiben diesen Prozess und leisten wichtige Beiträge zur Entwicklung klimaschonender Antriebssysteme. Bei Gewicht, Steifigkeit, Ermüdungsbeständigkeit und Korrosion bieten Verbundwerkstoffe hervorragende Materialeigenschaften. Die Luftfahrt ist auch Innovationstreiber für andere Anwendungsbranchen. Unser Jour Fixe soll einen Beitrag als Impulsgeber leisten“, so Dr. Heinz Kolz, Clustergeschäftsführer von CU West, in seiner Begrüßung. „We connect Composite-People“, so das Angebot von Dr. Bastian Brenken an die Gäste unter den Teilnehmenden, sich am Netzwerk von CU zu beteiligen.

Im Rahmen des 33. Jour Fixe stellten folgende Unternehmen und Einrichtungen ihre Beiträge zum Thema vor:

 

Metallfaserverstärkte Primärstrukturen für die Luftfahrt

Das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe forscht mit 120 Mitarbeitern entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Materialentwicklung über die Konstruktion bis hin zur Herstellung von Faserverbundwerkstoffen. Seit 10 Jahren forscht das IVW an metallfaserverstärkten CFK- (M-CFK)-Strukturen. Das multifunktionale Material mit bis zu 20 % Stahlfasern soll bessere Eigenschaften bei der Energieabsorption, der elektrischen Leitfähigkeit und dem Blitzschutz bieten. Produziert wird im Heißpress- oder Autoklav-Verfahren. In umfangreichen Tests konnte nachgewiesen werden, dass die Stahlfasern beim Nachversagen, also nach dem Bruch der Carbonfasern, die Strukturen stabilisieren und so für ein gutmütigeres Schadensverhalten sorgen. Die Dichte der resultierenden Verbunde liegt im Bereich von Aluminium, sodass es sich weiterhin um ein Leichtbaumaterial handelt. Das IVW sucht Partner für industrielle Anwendungen des neuen Materials.

Referent: Alexander Kosmas, Abteilung Bauteilentwicklung, Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe

©Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe GmbH (IVW)

Unsere Beiträge für innovative Lösungen für die Luftfahrt

INVENT, ein mittelständisches Unternehmen mit 140 Mitarbeitenden, ist als Entwicklungspartner im Leichtbau, insbesondere in der Serienfertigung für die Raum- und Luftfahrt, tätig. Zu den aktuellen Projekten gehören Strukturen für Flugzeuge, Tanks, Batteriezellen, Montage- und Klebetechniken, Bioverbünde und recycelte Werkstoffe. Im Projekt „Carbon Heating System“ geht es um wärmeleitende Strukturen, die Abwärme zum Beheizen (z. B. der Kabine) nutzen. Nach Dauerbetrieb mit thermischer Wechselbelastung soll der entwickelte Prototyp jetzt im Rumpfsimulator getestet werden. INVENT sucht die Kooperation mit Kabinenausrüstern und allen, die sich mit beheizbaren Strukturen beschäftigen.

Referent: Stefan Steeger, Head of Aviation Business Unit, INVENT GmbH

Leichtbau bei Rädern und Felgen in der Luftfahrt

Die Röder Gruppe, ein mittelständisches Unternehmen mit 450 Mitarbeitenden, besitzt ihre Schwerpunkte in der Entwicklung, Herstellung und Instandhaltung für die zivile und militärische Luftfahrt, wobei der Schwerpunkt auf der Instandhaltung von Komponenten liegt. Beim Projekt „FKV-Felge“ war es das Ziel, ein Flugzeugrad für hohe Belastungen zu entwickeln. Aufgrund des hohen Bedarfs wurde die Felge für den A320 entwickelt und der Prototyp im RTM-Verfahren hergestellt. Aufgrund der eingebauten Bremsen entstehen hohe Temperaturen, Walk und chemische Einflüsse durch Enteisung sind weitere technische Herausforderungen. Anders als beim Pkw werden beim Flugzeugreifen eine linke und eine rechte Seite zusammengefügt und mit Anbauteilen ausgestattet.

Die entwickelte faserverbundgerechte Konstruktion wurde simuliert und dann hergestellt sowie zusammengebaut. Nach Laminat- und Geometrieoptimierung folgt der Test auf dem Prüfstand. Die Räder erzielen eine Gewichtsreduzierung von 40 % und sollen in Zukunft in der Serie zum Einsatz kommen.


Referent: Dr. Alexander Höhme, Geschäftsführer, Röder Präzision

Airbus A329 FVK-Felge (©Röder Group)

Ganzheitliche Prozesse für das kosteneffiziente und nachhaltige Management der End-of-Life-Prozesse von Flugzeug-Verbundstrukturen

Nach Corona konnte Airbus ein stabiles Wachstum und 2023 eine deutliche Spitze in den Bestellungen verzeichnen. Angesichts der hohen Nachfrage hat die Prozessoptimierung das Ziel, die Anzahl der gefertigten Flugzeuge zu steigern. 2030 sollen die Flugzeuge zu 100 % mit nachhaltigem Kerosin (Sustainable Aviation Fuel, SAF) betrieben werden. Um das Ziel Zero Emission 2050 zu erreichen, sollen neue Antriebstechnologien wie Wasserstoff, Batterieantriebe und hybride Antriebe zum Einsatz kommen. Verbundwerkstoffe haben heute einen Anteil von gut 50 % an den Primärstrukturen und am Rumpf bei modernen Flugzeugen wie dem A350.

Das Konsortium im Projekt „Helacs“ entwickelt einen ganzheitlichen Beitrag zum Recycling von CFK-Strukturen. Kamerabasierte Roboter mit Digital-Twin-Unterstützung zerschneiden automatisiert Flugzeugstrukturen, um diese für das Recycling vorzubereiten. Der Pyrolyse-Prozess für CFK wird im Projekt weiter untersucht und für End-of-Life-Strukturen optimiert. Airbus kann sich die Beteiligung weiterer Partner zur Entwicklung einer kompletten Wertschöpfungskette vorstellen.

Referent: Timo Stöven, Environment and Sustainability Focal Point Materials & Processes – Composite Technology, Airbus Operations

Einführung in die Diskussion von Marc Fette, CTC:

CTC, eine 100%ige Airbus-Tochter, ist Entwicklungspartner für Airbus, aber auch zu 40 % für Partner außerhalb des Airbus-Konzerns tätig. Die Verdoppelung der weltweiten Flugzeuge in den kommenden 20 Jahren stellt Airbus vor riesige Herausforderungen. Angesichts von langen Wartezeiten für neue Flugzeuge muss die Produktionskapazität gesteigert werden. Die höheren Stückzahlen werden insbesondere für den A320-Nachfolger anvisiert. Modulare Technologie- und Produktionsprozesse müssen den Anforderungen an die Komplexität gerecht werden. Die Schlüsseltechnologie Leichtbau ist ohne Composites nicht denkbar.

Aus der Diskussion unter der Leitung von Marc Fette und Dr. Bastian Brenken:

  • Die Zerlegeroboter im Projekt von Airbus können für unterschiedlichste Flugzeugstrukturen genutzt werden.
  • M-CFK wird mit Wasserstrahl geschnitten, weil Laserschneiden aufgrund des Wärmeeintrags nicht funktioniert. Schleifen unter Kühlung wäre ebenfalls möglich. Schädigungen werden mit CT detektiert, weil Ultraschall angesichts der Metallstrukturen schwierig ist.
  • Aktuell bietet INVENT flächige oder zylindrische Heizstrukturen – drapierbare Komponenten wären für bestimmte Anwendungen wünschenswert. Eingebaute Heizstrukturen könnten andere Enteisungsverfahren ersetzen.
  • Das CFK-Recycling hat ein „Henne-Ei-Problem“. Weil keine garantierten Mengen zur Verfügung stehen, scheuen sich Recycler, Produktionskapazitäten aufzubauen. Die Beteiligung großer Player wie Airbus könnte zum Erfolg einer Initiative beitragen, die eine Wertschöpfungskette mit Industriepartnern entwickelt.

Die Vorträge aus den jeweiligen Veranstaltungen sind für Mitglieder auf Carbon Connected verfügbar: https://www.carbon-connected.de/Group/CU.West/uebersicht

Ansprechpartner für Ihre Anliegen und die Veranstaltungsreihe ist Dr. Heinz Kolz, Clustergeschäftsführer CU West: heinz.kolz@composites-united.com