Im monatlichen „Jour Fixe“ des Composites United e. V. stellen Unternehmen und Einrichtungen ihre Technologien oder aktuellen Projekte zu einem aktuellen Thema vor. Zwei Experten führten in die Diskussion zu neuen Leichtbaulösungen in der Luftfahrt ein und leiteten das Gespräch mit Referenten und Mitgliedern. Am aktuellen Jour Fixe von CU West, welcher am 19. Februar 2024 in Kooperation mit dem Cluster CU Nord stattfand,  beteiligten sich 60 Mitglieder und Gäste. „Die Luftfahrt hat ehrgeizige Klimaziele. Leichtbau ist der Schlüssel zur CO2-Reduzierung – den hält die Composites-Branche in den Händen“, so Dr. Heinz Kolz, Clustergeschäftsführer von CU West in seiner Begrüßung.

Im Rahmen des 23. Jour Fixe stellten folgende Unternehmen / Einrichtungen ihre Beiträge zum Thema vor:

Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe (IVW)

Die Entwicklung innovativer Composite-Lösungen für ökoeffiziente Luftfahrzeugstrukturen ist ein zentrales Thema am Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe. Mit rund 150 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen werden Materialien, Verarbeitungstechnologien und Bauweisen bis TRL6 untersucht und verifiziert. Wie auch immer unsere zukünftigen Flugzeuge vor dem Hintergrund des EU Green Deal und der Kreislaufwirtschaft aussehen werden – carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) werden eine geringe Masse, maximale Nutzlast und hohe Reichweite bei minimalem Kraftstoffverbrauch ermöglichen. Die sogenannte „Exchange Rate“, also der geldwerte Vorteil des Leichtbaus, wird weiter zunehmen, da Sustainable Aviation Fuel (SAF) und Wasserstoff teurer sind als das heutige Kerosin. Der Löwenanteil der Masse eines Flugzeugs liegt in der tragenden Struktur, der sogenannten Flugzeugzelle. Neue und noch leichtere Materialien und Verfahren für die Flugzeugzelle müssen eine lange Lebensdauer, eine hohe Schadenstoleranz, eine einfache Reparatur und wirtschaftliche Recyclinglösungen ermöglichen. Dies kann mit thermoplastischen Verbundwerkstoffen erreicht werden, die zudem besonders kurze Fertigungszyklen und auch den Einsatz der Schweißtechnologie zur Substitution genieteter Verbindungen erlauben. Die Integration von Funktionen in zukünftige Composites wird zu Gewichtseinsparungen auf Flugzeugniveau führen. Das IVW arbeitet dazu gemeinsam mit Airbus an einer neuen Klasse von stahl- und carbonfaserverstärkten Strukturen.

(Referent: Prof. Dr. Ulf Breuer, wissenschaftlicher Geschäftsführer IVW)

SAERTEX

SAERTEX ist weltweit führend in der Herstellung textiler Verstärkungsmaterialien für Faserverbundstoffe. Aus Glas-, Carbon-, Natur- und Aramidfasern entstehen bei uns technische Textilien – insbesondere sogenannte multiaxiale Gelege. Diese werden zur Produktion von strukturellen Bauteilen verwendet, wobei jedes Gramm und jeder Cent zählen. Unsere Textilien erfüllen höchste Standards und zeichnen sich durch herausragende Performance im Herstellungsprozess aus. Kunden weltweit verwenden sie, um wirtschaftlich Faserverbundbauteile von höchster Qualität zu produzieren.

Im Referat vom 19. Februar 2024 ging Sven Blank darauf ein, wie moderne Textilien neue Leichtbaulösungen für die Luftfahrt ermöglichen. Bei SAERTEX engagieren wir uns aktiv für die stetige Verbesserung von Textilien, die nicht nur innovative Produkte ermöglichen, sondern auch einen Beitrag zur aktuellen Forschung und Entwicklung leisten. Beispielhaft zeigen wir die fortschrittlichen Eigenschaften modernster Textilien, multiaxialer Thermoplaste und die Forschung von „integrierten Materialien“.

SAERTEX bleibt dabei bestrebt, die Anforderungen der Kunden zu übertreffen und einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Faserverbundtechnologie zu leisten.

(Referent: Sven Blank, Commerical Director SAERTEX)

CirComp 

Die CirComp GmbH ist Spezialist auf dem Gebiet der Fertigung von Komponenten aus Hochleistungsfaser-Verbundwerkstoffen in Faser-Wickeltechnik. Weiterhin werden kontinuierlich faserverstärkte thermoplastische Halbzeuge verarbeitet, die sich für eine kosteneffiziente Herstellung von Thermoplast-Bauteilen in Faserverbund-Bauweise eignen. In Kombination mit den ausgereiften Produktionsprozessen zur Herstellung von Komponenten im Faser-Wickel- sowie Thermoplast-Verarbeitungs-Verfahren mit kurzen Zykluszeiten wie z. B. Spritzguss und Pressen, erschließt die CirComp GmbH immer neue Anwendungen. Das Unternehmen steht an vorderster Stelle, wenn leichte, leistungsfähige und kosteneffiziente Komponenten verlangt werden. Die Firma wird seit November 2019 als eine deutsche Niederlassung der Albany Engineered Composites Inc. (AEC) geführt. AEC ist technologieführend bei der Fertigung von 3D-Geweben, gefolgt vom hochgradig industrialisierten Harzinjektionsverfahren zur Herstellung von Antriebs- und Strukturkomponenten für namhafte Luftfahrt-Programme.

Mit dem neuen 3D Webverfahren werden unendliche Fasern durch Gewebepakete geführt und versponnen. Diese Technologie kommt bereits in Zukunftsprojekten in der Luftfahrt zum Einsatz und erzielt eine Gewichtseinsparung von 30 %. Für die Entwicklung, Prüfung und Simulation der Bauteileigenschaften wurde eine eigene Software entwickelt.

(Referent: Hans-Peter Fuchs, Senior Manager Business Development CirComp)

Airbus Aerostructures

Airbus Aerostructures, 2022 aus Airbusbetrieben gegründet, leistet Pionierarbeit bei der hocheffizienten Flugzeugproduktion im Herzen von Airbus. Mit diesem neuen Unternehmen schafft Airbus die Voraussetzungen, um ein zukunftssicheres Industriesystem beim Übergang zu einer CO2-armen Luftfahrt bei einer gleichzeitig starken Produktionssteigerung in den kommenden Jahren zu erreichen. Rund 15.000 hochqualifizierte Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen, das Heckrümpfe und große Strukturbauteile für Airbus herstellt und liefert. Dazu gehören die Fertigung von Rumpfschalen und die anschließende Strukturmontage und -bestückung, die Fertigung von Seitenleitwerken aus leichtem kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff sowie die Produktion komplexer thermoplastischer CFK-Clips sowie hochwertiger Blechumformteile. Aktuelle Technologietreiber und Themen im Bereich Leichtbau sind:

  • die Ausschöpfung des Temperaturspektrums von Werkstoffen
  • der Ratenhochlauf
  • die Titansubstitution (wg. Materialknappheit) und das
  • das spantenlose Fügen

(Referent: Dr. Klaus Edelmann, Technologieleiter Airbus Aerostructures)

CTC GmbH 

Die Anzahl der Flugzeuge wird sich von aktuell 22.000 bis 2040 auf 44.000 verdoppeln. Durch diese Steigerung im Bedarf und den Ersatz vorhandener Systeme werden 30. – 33.000 neue Flugzeuge in den kommenden Jahren benötigt. Angesichts der Klimaziele müssen neue Flugsysteme mit neuen Energie- und Antriebssystemen entwickelt werden. Diese Flugzeuge werden eine völlig neue Architektur haben. Große Herausforderungen stellt dabei die Entwicklung von effektiven, neuen Leichtbau-Technologien dar, die gleichzeitig die Realisierung einer hohen Rate (hohe Stückzahlen) und sehr flexible Produktionsprozesse ermöglichen (schneller Ratenhochlauf). Beim Wasserstoffantrieb stellt das höhere Systemgewicht eine Herausforderung dar, der nur mit effizientem Leichtbau begegnet werden kann. Diese Herausforderungen werden durch einen Fachkräftemangel auf allen Ebenen verstärkt und können nur durch Automation gelöst werden. Das Zusammenspiel komplexer Systeme und industrieller Produktion muss hierfür weiterentwickelt und optimiert werden.

(Einführung in die Diskussion: Marc Fette, CEO)

In der Diskussion wurden die Technologietrends noch einmal herausgestellt (Bastian Brenken):

  • qualifizierte Out-of-Autoklav-Technologien
  • RTM für große Strukturen
  • energieeffiziente Produktionsverfahren mit Thermoplasten
  • komplexe Betrachtung bei der Werkstoff- und Bauteilentwicklung ausgehend von der Rohstoffauswahl (Verfügbarkeit, Umweltrelevanz, Kosten) über energieeffiziente Produktionsverfahren und Funktionalität beim Einsatz bis hin zu Recycling- und Wiederverwendungskonzepten

 

In Abhängigkeit vom Bauteil müssen andere Fügeverfahren wie z. B. Laser- und Induktionsschweißen weiterentwickelt werden (Th. Neumeyer). Darüber hinaus sollten Fügetechnologien für Thermoplast-Metall-Verbunde eine wichtige Rolle spielen (F. Schemm).

Im Vergleich zur Automobilindustrie besteht noch ein hoher Entwicklungsbedarf bei der Standardisierung und Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette.

Ansprechpartner für Ihre Anliegen und die Veranstaltungsreihe ist Dr. Heinz Kolz, Clustergeschäftsführer CU West: heinz.kolz@composites-united.com.

CU West vernetzt 60 Mitglieder in NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Luxemburg. Das Cluster CU Nord vernetzt rund 100 norddeutsche Mitglieder und wird von Stade aus geführt.